Das Vaal-Reefs-Minenunglück

Was passiert, wenn ein Zug in einen Minenschacht fällt…?

1995 passierte genau das in der Vaal-Reefs-Goldmine in Südafrika, der resultierende Unfall forderte 104 Tote.

Blick auf einen Aufzugsschacht der Vaal-Reefs-Goldmine in Südafrika.
© Gallo Images/Shutterstock, Editorial License [1]

Beschreibung der Mine

Die Vaal-Reefs-Goldmine gliederte sich in verschiedene Ebenen, auf denen Züge für den Transport von Erzen, Werkzeugen oder Personen fuhren. Diese Ebenen konnte man über Aufzüge von der Oberfläche erreichen. Um das abgebaute Erz abzutransportieren, führten Gleise direkt bis zum Fahrstuhlschacht, so dass die Wägendirekt in den Fahrstuhl geladen werden konnten [2].

Unfallhergang

Am 10. Mai 1995 wollte ein Lokführer auf der 56. Ebene, wenige Meter vom Aufzugsschacht 2 entfernt, die Lichter einer Lokomotive überprüfen, an die ein unbeladener Wagen gekoppelt war, und startete dafür den elektrischen Motor der Lok. Da jedoch ein elektrischer Nebenwiderstand der Lok durchgebrannt und mehrere Bauteile überbrückt oder durch Überstrom beschädigt waren, setzte sich die Lokomotive in Bewegung und konnte nicht mehr gestoppt werden, da die Bremse nicht mehr funktionierte. Der Zugführer konnte rechtzeitig aus dem Triebwagen abspringen, aber die 5 Tonnen schwere Lok mit dem angehängtem Wagen brach durch eine Sicherheitsbarriere, und stürzte in Schacht 2. Zeitgleich bewegte sich unterhalb ein Fahrstuhl mit 104 Minenarbeitern, die nach Schichtende an die Oberfläche gebracht werden sollten [2], in diesem Schacht nach oben.

Durch den Aufprall des Zuges öffnete sich der Haken, an welchem der Fahrstuhl hing, und der Fahrstuhl fiel 460 m bis zum Schachtboden in die Tiefe. Nach dem Aufprall auf dem Schachtboden in 2133 m Tiefe unter der Erdoberfläche wurde er unter der Lokomotive begraben und so auf eine Größe zusammengedrückt, die später vom Präsidenten der südafrikanischen NUM (National Union of Mineworkers) als ‘a one-floor tin box’ beschrieben wurde [3]. Alle Arbeiter in der Aufzugkabine kamen ums Leben. Der Vorfall gilt als der schlimmste Fahrstuhl-Unfall der Geschichte [4].

Tatsächlich waren schon 1922 drei Wagen eines Zuges auf Ebene 70 aufgrund des gleichen Defekts in den selben Schacht gefallen. Dieser Unfall hatte jedoch keine tödlichen Folgen und es folgten keine strukturellen Verbesserungen der Sicherheitsvorkehrungen [2].

Bergung

Die Bergung der Toten war zeitaufwändig und für die Beteiligten traumatisch. Zwei Tage nach dem Unfall waren 56 Leichen geborgen [5]. Einzelne Mitglieder des Bergungsteams verbrachten 61 Stunden unter Tage, um die menschlichen Überreste aus den Trümmern zu befreien. Nach dem Vorfall mussten die Beteiligten in Therapie und wurden auf HIV und Hepatitis B getestet [6].

Folgen

Nach einer Untersuchung der Leon Commission of Inquiry wurden der Manager der Mine und das gesamte Unternehmen wegen fahrlässiger Tötung schuldig gesprochen [7]. 1996 wurde in Südafrika als Reaktion auf den Unfall „The Mine and health safety act“ verabschiedet, der Arbeitsbedingungen für Minenarbeiter deutlich sicherer gestalten und Minenmanager mehr in die Verantwortung ziehen sollte [7, 8].


Quellen:

[1] Shutterstock. Vaal Reefs mine after rockburst accident, South Africa [zuletzt aufgerufen am 15.12.2024] url:https://www.shutterstock.com/editorial/image-editorial/vaal-reefs-mine-after-rockburst-accident-south-1708234b?showDrawerOnLoad=true

[2]  Vaal Reefs Disaster. (1996). Report in terms of section 28(4)(A) of the Minerals Act, 1991 (Act No. 50 of 1991): Vaal Reefs disaster 10 May 1995. David W. Stanton, Version 1.0.

[3] Devastating Disasters. Vaal Reefs Elevator Disaster – 1995 [aufgerufen am 05.11.2024] url: https://devastatingdisasters.com/industrial/80983079/2015/06/vaal-reefs-elevator-disaster-1995/

[4] NUM, (10.05.2017). NUM remembers 104 mineworkers who perished at No2 Shaft at Vaal Reefs Gold Mining Company Limited [aufgerufen am 04.11.2024] url:https://www.polity.org.za/article/num-num-remembers-104-mineworkers-who-perished-at-no2-shaft-at-vaal-reefs-gold-mining-company-limited-2017-05-10

[5] „Legends but no medals for mine rescuers“. News24. 31 August 2000. Archived from the original on 12 June 2023. [aufgerufen am 11.12.2024] url:https://www.news24.com/news24/legends-but-no-medals-for-mine-rescuers-20000831

[6] „South Africa: Orkney: Gold Mine Accident 56 Bodies Recovered“. AP. 12 May 1995. [aufgerufen am 11.12.2024]. url: https://newsroom.ap.org/editorial-photos-videos/detail?itemid=99577a3eff8900a450910173bbc78f24

[7] Plimmer, Fleur (1997). „Healing An industry: The Mine Health And Safety Act“. Indicator SA14 (1)

[8] Harmony Gold Mining Company Limited, (2024): Moab Khotsong [aufgerufen am 05.11.2024] url: https://www.harmony.co.za/operations/south-africa/underground/moab-khotsong/

Mio Folger

Mio Folger studiert seit 2023 Physik an der Universität Hamburg und hat im Wintersemester 24/25 das Seminar „Anthropogene Unfälle in der Physik“ gehört.

Dieser Beitrag wurde redaktionell überarbeitet von Andrea Thorn, Florian Mischke und Pairoh Seeliger.

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