Theaterbrände im 19. Jahrhundert
Theater im 19. Jahrhundert können wegen der zahlreichen Gefahrenquellen als „risikoträchtige technische Systeme“ bezeichnet werden, in denen jederzeit mit Katastrophen zu rechnen ist. Brände waren keine Seltenheit. In einer Untersuchung über Theaterbrände von 1878 wurden für die Jahre 1871-77 weltweit insgesamt 90 Brände verzeichnet [1].

Quelle: Juliane Mikoletzky,
„Der Brand des Wiener Ringtheaters 1881 und die Folgen“
Der Ringtheaterbrand: Ablauf
Eine Abfolge technischer und menschlicher Fehler führte dazu, dass am 8. Dezember 1881 kurz vor dem Beginn einer Vorstellung im Wiener Ringtheater ein Feuer ausbrach, bei dem nach offiziellen Angaben der Behörden 384 Menschen starben [4].
Durch einen technischen Defekt versagte die elektropneumatische Zündung der Gaslampen auf der Bühne. Das inzwischen nachgeströmte Leuchtgas, bestehend aus Wasserstoff, Methan, Stickstoff und Kohlenstoffmonoxid, explodierte beim nächsten Zündversuch und löste ein Feuer aus, das sich im Bühnenraum ausbreitete [1, 5].
Die Löschwasservorrichtung des Hauses war defekt und das Bühnenpersonal geriet in Panik. Der Beleuchtungsinspektor öffnete eine Außentür auf der Hinterbühne. Das durch den einströmenden Sauerstoff in der Luft angefachte Feuer konnte auf den Zuschauerraum übergreifen, da die Drahtkurtine, ein Vorhang aus Eisendrahtgeflecht zur Trennung von Brandabschnitten, nicht geschlossen wurde [1, 4].
Der Beleuchtungsinspektor drehte aus Sorge vor einer weiteren Explosion die Gaszuleitung für die Saalbeleuchtung ab, obwohl die Notbeleuchtung mit Öllampen nicht in Betrieb war.
Die starke Rauchentwicklung in völliger Dunkelheit löste Panik im Publikum aus. Nach innen öffnende Türen und enge, verwinkelte Gänge erschwerten zusätzlich die Flucht [1, 4].
Folgen des Brandes
Bei Eintreffen der Feuerwehr waren viele Menschen bereits tot oder bewusstlos. Da somit aus dem Zuschauerbereich nichts zu hören war, dachten die Einsatzkräfte, dass sich dort niemand mehr befindet, und konzentrierten die Löscharbeiten zunächst auf den Bühnenbereich. Es ist anzunehmen, dass vor allem diese Entscheidung zu der großen Zahl an Toten geführt hat [1]. Inoffiziell wird von bis zu 1000 Opfern ausgegangen, da der Saal zum Zeitpunkt des Brandes voll besetzt gewesen ist. Zum Teil waren die Opfer jedoch vollständig verbrannt, was die Ermittlung der genauen Zahl unmöglich machte [1, 2].

Quelle: Wikipedia, „Ringtheaterbrand“
In Folge des Brandes wurden Methoden der forensischen Zahnmedizin erstmals angewandt [1, 3]. Dadurch wurde die Identifikation von Leichen, die zu großen Teilen verbrannt waren, anhand der Zähne ermöglicht. Dies bildete eine Grundlage der späteren „Wiener Schule der Kriminalistik“ [1].
Viele Sicherheitvorschriften und Brandschutzmaßnahmen, die im neuen Theaterbaugesetz nach dem Brand beschlossen wurden, sind heute noch in Österreich gültig und wurden auch in anderen Ländern übernommen, darunter auch Deutschland. Dazu zählen der Eiserne Vorhang (ein massiver metallener Schutzvorhang zur Trennung zwischen Bühne und Zuschauerraum), Notbeleuchtung, und die Anwesenheit professioneller Feuerwehrleute bei jeder Vorstellung [1, 4].
Zusammenfassend war der Ringtheaterbrand das Ergebnis einer Häufung menschlicher und technischer Fehler, die sowohl bei der Planung des Gebäudes als auch im laufenden Betrieb gemacht wurden, und bis zu tausend Opfer zur Folge hatten. Dieser Unfall wirkt bis heute in der Sicherheit moderner Theater nach.
Quellen:
[1] Juliane Mikoletzky, „Der Brand des Wiener Ringtheaters 1881 und die Folgen“,: e-periodica.ch, ETH-Bibliothek, Band 69, S. 59–68, 1997
[2] Sabine Claudia Tanner, Fernsehbeitrag „Der Ringtheaterbrand von 1881“ Teil I., KURIER TV, 1. Februar 2022, abgerufen am 04. Februar 2025
[3] Sabine Claudia Tanner, Fernsehbeitrag: „Der Ringtheaterbrand von 1881“ Teil II., KURIER TV, 9. März 2022, abgerufen am 04. Februar 2025
[4] Wikipedia, „Ringtheaterbrand“, https://de.wikipedia.org/wiki/Ringtheaterbrand, abgerufen am 04. Februar 2025
[5] Wikipedia, „Stadtgas“, https://de.wikipedia.org/wiki/Stadtgas, abgerufen am 04. Februar 2025

Janine Reich
Janine Reich hat 2024 ihren Bachelor in Computing in Science an der Universität Hamburg abgeschlossen und studiert jetzt im Master Physik. Sie arbeitet seit 2012 in der Theater- und Veranstaltungstechnik.
Dieser Beitrag wurde redaktionell überarbeitet von Andrea Thorn und Florian Mischke.