Planetare Grenzen – Was hält die Erde noch aus?

Die Erde wird immer heißer, tagtäglich sterben Tierarten aus und die Nachrichten berichten von der aktuellsten Klimakatastrophe.
Anderthalb Grad Celsius Erderwärmung ist der gesellschaftliche Konsens für das, was wir uns leisten können, aber ist das alles worum wir uns sorgen müssen?

Die Planetaren Grenzen sind ein System, welches die langfristige Bewohnbarkeit der Erde quantifiziert. Entwickelt wurde es 2009 von Klimaforschern des Stockholm Resilience Centre und der Australian National University in Zusammenarbeit mit einigen leitenden Persönlichkeiten des Feldes, unter der Leitung von Johan Rockström.

Das System umfasst neun messbare geoklimatische Größen, die nicht überschritten werden dürfen, damit wir die Erde als Lebensraum für die Menschheit gewährleisten können1. Die neueste Studie aus 2023, die das erste Mal alle Größen hinreichend messen konnte, zeigte, dass sechs der neun Grenzen bereits überschritten worden sind.2

Die neun Grenzen umfassen:

Novel Entities (Fremdstoffe), von den Menschen in die Biosphäre eingeführte Fremdstoffe. Dazu zählen Treibhausgase und Abfälle, die wir in die Umwelt entsorgen.

Stratospheric Ozone Depletion (stratosphärischer Ozonabbau), die Integrität der Ozonschicht, die uns vor der Strahlung der Sonne schützt.

Atmospheric Aerosol Loading (atmosphärische Staubbelastung),
z.B. Autoabgase in Metropolregionen.

Ocean Acidification (Ozeanversauerung), die Versauerung der Meere durch die Aufnahme von CO2 aus der Luft.

Biogeochemical Flows (biogeochemische Kreisläufe), die Belastung natürlicher Mineralkreisläufe, die für viele Lebensformen und Ökosysteme überlebenswichtig sind.

Freshwater Change (Frischwasserveränderung), der menschlische Eingriff in Frischwasservorkommen, welcher direkten Einfluss auf die umliegenden Tiere und Pflanzen hat.

Land-System Change (Veränderung der Landnutzung), wie sehr wir die natürliche Landschaft verändern. Dazu zählt vor allem die Abholzung der Regenwälder.

Biosphere Integrity (Integrität der Biosphäre), hierzu gehört besonders die Gendiversität und die Artenvielfalt in der Umwelt.

Und letztlich Climate Change (Klimawandel). Hier wird besonders auf die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre sowie auf die Erderwärmung geschaut.

Die neun planetaren Grenzen im radiären Diagramm
Die neun planetaren Grenzen.
Quelle: nach Abb. 1 in Richardson et al. 2023, https://doi.org/10.1126/sciadv.adh2458

Während das System zwar für seine Anschaulichkeit gepriesen wird, gelangt es unter Klimaforschern oft unter die Kritik, dass feste Grenzen an Werten nur dazu führen würden, dass wir einem wahrgenommenem „Maximum“ immer näher schleichen, anstatt wirkvolle Veränderungen durchzusetzen.3

Außerdem gibt es noch viele weitere Variablen, die potentielle Grenzen für die Erde darstellen, und Forscher setzen sich aktiv damit auseinander, diese neuen Grenzen zu bestimmen. So steht zum Beispiel in der Diskussion, ob der Zustand des Meeresbodens und der Meeresströmungen ein Maß für die Gesundheit der Erde sein könnte.4

Aber bevor wir uns wirklich damit befassen können, wie wir Erde für uns als bewohnbaren Lebensraum halten, muss die Bevölkerung und die Politik darüber aufgeklärt werden, dass wir an vielen Stellen nicht unendlich Spielraum haben. Und in dem Sinne, auch wenn das Modell seine Schwächen hat, erfüllen die Planetaren Grenzen aufgrund ihrer Überschaubarkeit auf jeden Fall ihren Zweck.

Quellen:

  1. Website des Stockholm Resilience Centers mit Sammlung aller relevanten Publikationen
    https://www.stockholmresilience.org/research/planetary-boundaries.html ↩︎
  2. Earth beyond six of nine planetary boundaries
    https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.adh2458 ↩︎
  3. Schlesinger, W. Planetary boundaries: Thresholds risk prolonged degradation. Nature Clim Change 1, 112–113 (2009).
    https://doi.org/10.1038/climate.2009.93 ↩︎
  4. The Boundaries of the Planetary Boundary Framework: A Critical Appraisal of Approaches to Define a “Safe Operating Space” for Humanity
    https://www.annualreviews.org/content/journals/10.1146/annurev-environ-012320-080337 ↩︎

Dieser Beitrag wurde redaktionell überarbeitet von Andrea Thorn und Florian Mischke.

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